Das EU-Roaming war lange Zeit ein wichtiger Kostenfaktor auf Reisen. Im schlimmsten Fall gab es nach dem Urlaub eine Überraschung in Form einer Rechnung, die gerne mal mehrere hundert Euro oder sogar noch höhere Beträge auswies.
In den letzten Jahren wurde die Roaming-Kosten deshalb innerhalb der Europäischen Union schrittweise reduziert. Und ab 15. Juni 2017 ist endgültig Schluss mit den Zusatz-Kosten für Telefonate, SMS und mobiles Surfen. Auch wenn Sie im EU-Ausland unterwegs sind, nutzen Sie weiterhin Ihren Inlands-Mobilfunktarif. Ohne Aufschläge und Zusatz-Gebühren.
Was Sie über das EU-Roaming-Ende wissen sollten, wie sich die Kosten für das EU-Roaming seit 2013 entwickelt haben und was es über den Kostenairbag und die Fair-Use-Grenze zu berichten gibt, verraten wir Ihnen in diesem Beitrag.
EU-Roaming Abschaffung: Ab 15. Juli 2017 kein Aufpreis mehr im EU-Ausland
Über die Aufhebung der Mehrkosten für Telefonate, SMS und für das mobile Surfen wird schon seit Jahren verhandelt. Anstoß waren die teils erheblichen Mehrkosten, mit denen Mobilfunkkunden im Urlaub oder auf Geschäftsreisen im Ausland rechnen mussten. Wer Videos anschauen oder andere datenintensive Anwendungen nutzen wollte, zahlte drauf. Und zwar kräftig. Da half nur eins: Handy abschalten oder gleich ganz zuhause lassen.
Wenigstens innerhalb der EU nimmt das jetzt ein Ende: Ab 15. Juli 2017 nutzen Sie auch im EU-Ausland Ihren Inlandstarif. Anders als in den vergangenen Jahren fallen also keine Aufschläge für Telefonate, Kurzmitteilungen und beim Surfen mehr an.
EU-Roaming Ende – letzte Entscheidung im April 2017 gefallen
Seit dem 1. Februar 2017 ist es offiziell: Ab Sommer 2017 sind die EU-Roaming-Gebühren endgültig Geschichte. Wenn Sie also innerhalb der Europäischen Union, zum Beispiel in Frankreich, in Italien oder in den Niederlanden Urlaub machen, nutzen Sie Ihren Handytarif wie zuhause ganz normal weiter. Die letzten Entscheidungen fielen im Europäischen Parlament im April 2017 (Pressemitteilung sowie Merkblatt unter europarl.europa.eu) sowie im Europäischen Rat am 25. April 2017.
Die EU hat sich dabei mit den Telekommunikationsunternehmen auf Großhandelspreise geeinigt, die die Unternehmen untereinander erheben dürfen. Diese Gebühren werden jedoch nicht an den Endkunden weitergegeben: Sie müssen sich nur merken, dass Sie Ihren Vertrag auch im Urlaub in einem EU-Land nutzen können. Das betrifft zum Beispiel Ihr Datenvolumen oder auch Allnet-Flatrates und Freiminuten-Pakete. Sowie natürlich die ganz normalen Preise pro Einheit.
Bei den Großhandelspreisen ist die Europäische Union zu folgender Regelung gekommen. Es handelt sich um maximale Preise, die die Mobilfunkanbieter untereinander erheben dürfen:
- Telefonate: 3,2 Cent pro Minute
- SMS: 1 Cent pro SMS
- Daten: 7,70 Euro pro Gigabyte mit einer schrittweisen Absenkung auf 2,50 Euro pro Gigabyte bis 2022
Bei allen Vorteilen: Preiserhöhungen für Inlandstarife sind möglich. So kündigte bereits winSIM-Marke Drillisch an, die Grundgebühr für Inlandstarife in Zukunft zu erhöhen. Um damit eben das EU-Roaming gegenzufinanzieren.
Betrifft das Roaming-Ende auch Nicht-EU-Staaten?
Grundsätzlich nicht, es gibt aber Ausnahmen. So berichtet Tagesschau.de, dass das sogenannte Inlands-Roaming auch in den Nicht-EU-Staaten Norwegen, Island und Liechtenstein möglich sein wird. Die Schweiz ist allerdings ausgenommen.
Bislang waren aber auch europäische Länder, die nicht zur EU gehörten, in den EU-Roaming-Paketen einiger Tarifanbieter enthalten. Sie sollten sich vor Ihrer Reise in ein Nicht-EU-Land in jedem Fall noch einmal genau informieren und gegebenenfalls ein Auslandspaket buchen oder Telefonate und den mobilen Datenverbrauch einschränken.
Das gilt übrigens auch bei Aufenthalten Nahe der Grenze der Europäischen Union. Zum Beispiel an der Grenze zur Türkei oder zur Schweiz. Es ist möglich, dass Sie sich dann unbeabsichtigt ins ausländische Netz außerhalb der EU einwählen. Und dann wird’s doch wieder teuer.
Entwicklung der EU-Roaming-Gebühren von 2013 bis 2017
Noch bis 15. Juni 2017 gelten die bisherigen Roaming-Gebühren, die Sie der Tabelle entnehmen. Die Kosten für das EU-Roaming sind in der Vergangenheit immer stärker reduziert worden. Dabei galten bisher Aufpreise, die zusätzlich zum Inlandstarif anfielen.
Bis Mitte Juni 2017 gilt der EU-Roaming-Tarif von 2016 mit folgenden Gebühren:
- aus dem EU-Ausland abgehende Gespräche: Inlandstarif plus 5 Cent pro Minute
- im EU-Ausland eingehende Gespräche: Inlandstarif plus 1,1 Cent pro Minute
- mobile Daten pro Megabyte: Inlandstarif plus 5 Cent
- ausgehende Kurzmitteilungen: Inlandstarif plus 2 Cent
Ausnahme: Sie haben einen speziellen Roaming-Tarif abgeschlossen, zum Beispiel mit Minutenpaket und EU-Inklusiv-Datenvolumen.
Wollten Sie bislang im EU-Ausland mobil surfen, gab es keine Möglichkeit, das Datenvolumen Ihres normalen Monats-Tarifs zu nutzen. Da die Abrechnung im Inland pro Megabyte schon recht teuer ist, lohnte sich die mobile Datennutzung im Ausland nur mit speziellen Auslandspaketen – und war auch dann nur stark begrenzt möglich. Ab Mitte Juni 2017 ist es dagegen egal, ob Sie Ihr Monats-Datenvolumen im Inland oder im Ausland versurfen. Sie können in Zukunft also problemlos auf billige Tarife mit viel Datenvolumen setzen.
Datenroaming mit Obergrenze: Kostenairbag
Wenn Sie keinen Tarif mit viel Datenvolumen gebucht haben, wird per Megabyte abgerechnet. Um horrende Rechnungen und Kostenfallen zu vermeiden, verpflichtete die Europäische Kommission alle Mobilfunk-Anbieter zur Einführung einer Obergrenze. Diese Obergrenze können Sie selbst bestimmen. Wenn Ihr Verbrauch 80 Prozent erreicht, dann erhalten Sie eine Warnung und können Ihren Datenverbrauch dementsprechend reduzieren. Sind 100 Prozent erreicht, wird die Verbindung getrennt.
Sie sind jedoch nicht verpflichtet, eine Obergrenze selbst einzurichten. Dann ist der Datenverbrauch auf maximal 50 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer gedeckelt. In Deutschland versurfen Sie also maximal 59,90 €. Danach tritt der Kostenairbag in Kraft und die mobile Internetverbindung wird getrennt.
In der Vergangenheit war es teils zu immensen Kosten gekommen, da das Handy im Ausland auch zum mobilen Surfen genutzt wurde. Durch das nun abgeschaffte EU-Roaming dürfte es aber auch beim Datenroaming zu Erleichterungen kommen.
Fair-Use statt billigem Auslands-Vertrag: Die Grenze des EU-Roamings
Nun wäre es ja rein theoretisch möglich, sich einen möglichst günstigen Handytarif in einem EU-Staat zu besorgen und damit dann innerhalb Deutschlands günstig zu telefonieren und zu surfen. Diese Möglichkeit hat die EU bedacht und die sogenannte Fair-Use-Grenze geschaffen.
Bei der Use-Fair-Grenze handelt es sich um eine Obergrenze für das Roaming. Damit kommt die Europäische Union den Mobilfunkanbietern sozusagen entgegen. Denn über die Use-Fair-Regelung soll eben unterbunden werden, dass Sie eine billige Prepaid-Karte oder einen billigen Auslandstarif abschließen und diesen dann dauerhaft im Inland nutzen. Die Mobilfunkbetreiber wollen schließlich ihre Tarife im Inland an den Kunden bringen ;-).
Außerdem wird den Mobilfunkanbietern ein Aufschlag zugestanden, wenn diese nicht kostendeckend arbeiten können. Dazu ist jedoch ein Nachweis erforderlich. Es bleibt also eine Hintertür für die Tarifanbieter offen.
Sind Roaming-Tarife und Auslandspakete überhaupt noch sinnvoll?
Wenn Sie derzeit über einen Vertragswechsel nachdenken, dann lohnt es sich nicht, nach einem Vertrag mit Extra-Auslandspaket zu suchen. Viele Tarifanbieter haben zusätzliche Pakete zum Telefonieren oder Surfen im Ausland im Portfolio. Einige Verträge werden sogar ganz offensichtlich mit EU-Roaming-Paket beworben. Das lohnt sich eben nur noch bis Juni 2017. Ab dann werden spezielle EU-Tarife hinfällig, dürften ab Sommer also auch recht schnell vom Markt verschwinden.
Anders sieht es dagegen mit den weltweiten Roaming-Verträgen aus. Denn das EU-Roaming betrifft eben nur die Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Verbringen Sie Ihren Urlaub zum Beispiel in Kanada, den USA, in Australien oder in Japan, tritt das Auslands-Roaming wieder in Kraft. Dort sollten Sie sich also unbedingt vor Urlaubsantritt über Alternativen zum teuren Roaming informieren und gegebenfalls die mobilen Daten einfach mal abschalten.
EU-Roaming und Brexit: Wie teuer wird das Surfen im Großbritannien-Urlaub?
Die Briten verlassen die Europäische Union. Damit hat der Brexit auch Auswirkungen auf die Roaming-Gebühren. Denn strenggenommen fällt Großbritannien mit den Reisezielen England, Schottland, Wales und Nordirland nicht unter die neue EU-Roaming-Regelung. Theoretisch müssten dann die Auslandstarife für Länder außerhalb der Europäischen Union gelten. Allerdings haben auch Nicht-EU-Länder die Möglichkeit, die Vereinbarungen zum Roaming zu übernehmen. Es bleibt deshalb abzuwarten, ob die Briten eine spezielle Vereinbarung mit der Europäischen Union treffen werden. Aktuell ist das jedoch noch Zukunftsmusik. Bis zum endgültigen Brexit gelten aber auch für Großbritannien die vereinbarten Regelungen zum EU-Roaming Ende.
Linktipps:
- Roaming-Regelungen bei der Bundesnetzagentur
- Roamingtarife laut Europa-Seite der EU
- Pressemitteilung des Europäischen Parlaments zur Abstimmung zum Ende des EU-Roamings (deutsch, April 2017)
- Pressemitteilung beim Europäischen Rat vom 25. April 2017