Zur Umsetzung des regulierten EU-Roamings (auch als Roam-Like-at-Home bezeichnet) wurde die Fair-Use-Policy eingeführt.
Diese soll sicherstellen, dass Sie Ihren Handytarif im Ausland (also in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union sowie in Norwegen, Island und Liechtenstein) angemessen nutzen.
Im Klartext heißt das: Es ist nicht erlaubt, einen billigen Handytarif im Ausland abzuschließen und diesen dauerhaft im Inland zu verwenden. Aber auch der umgekehrte Fall ist zutreffend: Sie dürfen bei deutschen Mobilfunkanbietern abgeschlossene günstige Handyverträge nicht dauerhaft im EU-Ausland nutzen.
Eine einheitliche und klare Regelung gibt es dabei jedoch nicht. Die Fair-Use-Policy unterstützt das Roaming zwar, doch die Regelung fällt insgesamt eher schwammig aus – und die exakte Umsetzung liegt beim jeweiligen Provider. So gibt es unterschiedliche Bedingungen zum Roam Like at Home, die unterschiedlich umgesetzt werden können. Aktuell weisen zum Beispiel smartmobil und winsim explizit auf die Anwendung der Fair-Use-Policy hin.
Wir haben uns genauer umgeschaut und erklären, was die Regelung über die angemessene Nutzung eines Handytarifs bedeutet.
Fair-Use-Policy (FUP) unterstützt Roaming-Regulierung
Die Umsetzung der Fair-Use-Policy liegt bei den Mobilfunkanbietern. Um zu ermitteln, ob ein Handytarif angemessen (also der Fair-Use-Policy entsprechend) genutzt wird, gibt die Europäische Union einige Kriterien vor.
Diese sind:
- eine stabile Bindung zu einem Mitgliedstaat,
- die Beobachtung des Nutzerverhaltens über einen Zeitraum von vier Monaten mit Roaming-Aufschlägen bei einem Aufenthalt vorwiegend im Ausland (= objektive Indikatoren),
- Limitierung von großen Datentarifen gemäß einer von der Europäischen Kommission vorgegebenen Berechnung sowie Begrenzung von Prepaid-Tarifen.
Klar, das klingt auf den ersten Blick recht kompliziert. Deshalb hier noch einmal zusammengefasst, was die Roam-Like-At-Home-Regeln (RLAH) im Einzelnen bedeuten.
RLAH angemessen nutzen: Vier-Monate-Regel
Die stabile Bindung bezeichnet schlicht und ergreifend, dass Ihr Handyanbieter einen Nachweis verlangen kann, dass Sie sich dauerhaft in dem Mitgliedstaat aufhalten, in dem Sie den Handytarif abgeschlossen haben.
Ähnlich funktionieren die objektiven Indikatoren: Hierbei beobachtet der Handyanbieter, ob Sie sich über einen Zeitraum von vier Monaten mit Ihrem Handy überwiegend im Ausland aufhalten.
Ist dies der Fall, erhalten Sie einen Warnhinweis mit einer Zwei-Wochen-Frist. Ändert sich Ihr Nutzungsverhalten in diesem Zeitraum nicht, dann müssen Sie mit Roaming-Aufschlägen rechnen.
Handytarife & Datenvolumen angemessen nutzen: Die Fair-Use-Formel
Mit der Begrenzung offener Datenbündel wirkt sich die Fair-Use-Regelung vor allem auf Handytarife mit viel Datenvolumen bei gleichzeitig günstiger Grundgebühr aus. Und zwar, wenn Sie weniger als 3 Euro netto (+ MwSt. = 3,57 €) pro Gigabyte für Ihren Handytarif bezahlen oder eine echte Internet-Flatrate ohne Drosselung nutzen. Diese Handytarife können in der Auslandsnutzung begrenzt werden.
Das gilt jedoch nur, wenn Sie ausdrücklich von Ihrem Provider über das Limit bei der Datennutzung informiert werden. Ist dies nicht der Fall, dann können Sie Ihr gesamtes Datenvolumen auch in der Europäischen Union nutzen.
Der Großhandelspreis pro Gigabyte Datenvolumen (also die Kosten, die Ihr Mobilfunkanbieter an den Partner im ausländischen Netz zahlen muss), liegen noch bis Dezember 2018 bei 6 Euro netto, inklusive Mehrwertsteuer sind es 7,14 Euro. Nutzen Sie also den Tarif simply LTE 10.000 für 24,99 Euro (das Gigabyte kostet also deutlich unter 3,57 Euro), dann ergibt sich folgende Rechnung:
24,99 Euro / 7,14 Euro = 3,5 * 2 = 7.
Das bedeutet, dass Sie im Jahr 2018 laut Roaming-Regelung im Ausland 7 Gigabyte an mobilen Daten problemlos versurfen können. Zum Vergleich: Im Jahr 2017 hatte sich aus dem Großhandelspreis von 9,16 Euro brutto pro Gigabyte ein Wert von 5,46 Gigabyte ergeben.
Verbrauchen Sie mehr Datenvolumen, kann der Provider Sie benachrichtigen und im Anschluss daran entsprechende Aufschläge erheben. Das aber eben nur, wenn Sie im Vorfeld über das Daten-Limit informiert werden. Also dann, wenn simply die Begrenzung nach Datenbündel überhaupt verwendet.
Fair-Use-Regel in Prepaid-Tarifen
Die Fair-Use-Formel kann übrigens auch bei Prepaid-Angeboten angelegt werden. Die klassische Rechnung geht auf, wenn Sie ein Datenpaket gebucht haben.
Für den seltenen Fall, dass Sie eine Prepaid-Karte ohne Volumen-Paket nutzen, können Sie ebenfalls herausfinden, wie viel Datenvolumen Sie mit dem Guthaben, das sich auf Ihrer Karte befindet, versurfen können. Teilen Sie dazu das auf Ihrer Karte befindliche Guthaben durch den Handelspreis pro Gigabyte.
Wer zum Beispiel 17 Euro auf seiner Karte hat, rechnet wie folgt:
17 Euro / 7,14 Euro = 2,38.
Heißt: Sie dürfen maximal 2,38 Gigabyte im EU-Ausland verbrauchen.
Fair-Use-Policy: Gebühren und Aufschläge
Es gelten folgende Gebühren und Aufschläge, etwa wenn die Fair-Use-Regeln nicht eingehalten werden und Sie sich zum Beispiel dauerhaft im Ausland aufhalten. Beachten Sie, dass die Kosten pro Gigabyte Datenvolumen gestaffelt reduziert werden:
- 0,032 € pro Minute für Sprachanrufe (+ MwSt. = 0,038 €),
- 0,01 € pro SMS (+ MwSt. = 0,012 €),
7,70 € pro Gigabyte Daten (+ MwSt. = 9,16 €) ab dem 15.06.2017 bis 31.12.2017,- 6,00 € pro Gigabyte (+ MwSt. = 7,14 €) ab 1. Januar 2018,
- 4,50 € pro Gigabyte (+ MwSt. = 5,36 €) ab 1. Januar 2019,
- 3,50 € pro Gigabyte (+ MwSt. = 4,17 €) ab 1. Januar 2020,
- 3,00 € pro Gigabyte (+ MwSt. = 3,57 €) ab 1. Januar 2021,
- und schließlich 2,50 € pro Gigabyte (+ MwSt. = 2,98 €) ab 1. Januar 2022.
Alternatives Roaming statt Fair-Use-Regelung?
In der Praxis kommt die Fair-Use-Policy bislang selten zum Tragen. Denn gerade Handyanbieter, deren Tarife ein hohes Datenvolumen aufweisen, setzen derzeit auf alternatives Roaming. So beinhalten die Roaming-Regelung von Drillisch sowie das o2-Roaming (in den neuen Mega-Tarifen nicht mehr Bestandteil) ein automatisch geschaltetes Europa-Paket, das ein zusätzlich zum Inlandstarift geltendes Auslands-Datenvolumen bereitstellt.
Die meist 300 Megabyte bis 1 Gigabyte großen Highspeed-Pakete nutzen Sie in allen Ländern, in denen die EU-Regulierung ohnehin gilt. Allerdings kommen meist weitere Staaten (vor allem die Schweiz, Andorra und die Kanalinseln stechen hervor) hinzu.
Die Verbraucherzentrale NRW hat jedoch eine einstweilige Verfügung gegen die Drillisch Online AG erwirkt. Das Urteil am Landgericht Frankfurt am Main ist noch nicht rechtskräftig. Das Aktenzeichen lautet 2-06 O 263/17. Mittlerweile wurden die meisten Drillisch-Tarife in das klassische regulierte Roaming umgestellt, die alternativen Pakete sind nach wie vor als Alternative buchbar.
Fest steht aber: Ein Anbieter muss nicht zwangsweise Roaming erlauben. Auch reine Inlandstarife ohne Roaming sind möglich, das bestätigt auch die Bundesnetzagentur.
Linktipps:
- Seite der Europäischen Union zur angemessenen Handy-Nutzung im Ausland
- Informationen zu Roam-Like-At-Home auf bundesnetzagentur.de
- Gebühren und Aufschläge laut Fair-Policy-Regelung (Bundesnetzagentur)
- Verbraucherzentrale Bundesverband: Klage gegen o2-Roaming
- Verbraucherzentrale NRW: winsim und smartmobil müssen „Roam like at home“ von Anfang an anbieten