Wann können Sie das Sonderkündigungsrecht nutzen?

Einen klassischen Handyvertrag schließen Sie in der Regel mit einer Laufzeit von 24 Monaten ab. Sie verpflichten sich also bei Vertragsschluss, die monatliche Grundgebühr und alle weiteren vereinbarten Kosten während der Mindestlaufzeit zu begleichen.
Grundsätzlich kommen Sie also erst nach Ablauf der Mindestlaufzeit aus dem Vertrag heraus – wenn Sie fristgerecht kündigen.
Doch was, wenn der Provider plötzlich die Preise erhöht oder Sie Ihren Handyvertrag nicht wie vereinbart nutzen können?
Bei Vertragsverstößen greift das Recht auf Sonderkündigung. Nehmen Sie dieses in Anspruch, dann haben Sie die Möglichkeit, einen Handyvertrag fristlos und außerordentlich zu kündigen. Unabhängig etwa von der Laufzeit des Vertrags.
In welchen Fällen Sie das Sonderkündigungsrecht in Anspruch nehmen können und wann Sie weiterhin an Ihren Handytarif gebunden sind, erfahren Sie in den folgenden Abschnitten.
Sonderkündigungsrecht Handyvertrag nutzen oder fristgerecht kündigen?
Sie haben eine günstigeren Handyvertrag gefunden? Dann bleibt Ihnen nur die fristgerechte Kündigung Ihres Mobilfunkvertrags. Das bedeutet: Bei einer 24-monatigen Mindestlaufzeit muss die Kündigung drei Monate vor Mindestlaufzeitende beim Provider eingegangen sein.
In Tarifen ohne Laufzeit sieht es ein wenig einfacher aus, denn aus diesen Verträgen kommen Sie mit kurzer Frist und vergleichsweise flexibel heraus.
Außerordentliche Kündigung: Handyvertrag fristlos kündigen

Auf der anderen Seite gibt es die außerordentliche Kündigung. Diese ist von der klassischen Kündigungsfrist losgelöst, kann also jederzeit vorgenommen werden. Allerdings ist die Sonderkündigung auf ausgewählte Spezialfälle begrenzt.
Die außerordentliche Kündigung kann vonseiten beider Vertragspartner erfolgen: So kann der Mobilfunkanbieter etwa Ihren Vertrag stilllegen, wenn Sie mit den Zahlungen aussetzen. Gleichzeitig können Sie aber ebenfalls fristlos aus dem Vertrag heraus, wenn der Provider gegen die Vertragsbedingungen verstößt.
Das Sonderkündigungsrecht gilt nicht nur bei Handyverträgen, sondern bei Verträgen zahlreicher Art. Auch Verträge bei Energieanbietern oder im Fitness-Studio können Sie gegebenenfalls außerordentlich kündigen.
Sonderkündigungen nach Frist aussprechen?
In vielen Fällen müssen Sie Ihrem Vertragsanbieter eine Frist einräumen, in der dieser Zeit bekommt, den Kündigungsgrund zu beheben. Das gilt zum Beispiel bei Anschluss-Sperrungen oder Fehlern bei Ausstellung der Handyrechnung. Diese Frist sollte bei rund drei Wochen liegen – dieser Zeitraum lässt in der Regel genug Zeit, um zu reagieren.
Grundsätzlich können Sie Fristsetzung und Sonderkündigung verbinden. Sprechen Sie beides gemeinsam aus und beseitigt der Anbieter die Probleme nicht innerhalb der Frist, dann tritt die Kündigung automatisch in Kraft.
Sonderkündigung ≠ Widerruf
Es gibt eine weitere Möglichkeit, einen Handyvertrag unabhängig von der klassischen Kündigungsfrist zu beenden. Und zwar ganz am Anfang: Dazu machen Sie sich das Widerrufsrecht für Handyverträge zunutze.
Doch Vorsicht: Das gesetzlich festgelegte Widerrufsrecht von 14 Tagen gilt nur, wenn Sie Ihren Handytarif online abschließen. Auch bei Abschlüssen am Telefon oder an der Haustür (sogenannte Haustürgeschäfte) gilt das Widerrufsrecht. Nicht aber bei Tarif-Abschlüssen vor Ort, zum Beispiel in einem Handyshop.
In welchen Fällen gilt das Recht auf Sonderkündigung?
Nachfolgend die wichtigsten Fälle, in denen eine Handytarif-Sonderkündigung möglich ist.
Sonderkündigungsrecht bei falschen Abbuchungen und Preiserhöhungen
Ihr Handyanbieter bucht nicht vertraglich vereinbarte Beträge bei Ihnen ab? Falls Ihr Konto mit zusätzlichen Beiträgen belastet wird oder ein ganz anderer Tarif bei Ihnen abgerechnet wird, als Sie abgeschlossen haben, ist das ein klarer Kündigungsgrund.

Kontaktieren Sie in diesen Fällen Ihren Anbieter und setzen Sie eine Frist zur Korrektur.
Das Sonderkündigungsrecht besteht übrigens auch im Falle von nicht vereinbarten Preiserhöhungen. Denn Ihr Anbieter muss sich ebenso an die Vertragsbedingungen halten, wie Sie auch. Es ist also ausgeschlossen, dass der Tarifanbieter bei einem Vertrag mit 24 Monaten Laufzeit im dritten Monat die Grundgebühr um das Doppelte erhöht.
Aber aufgepasst: In vielen Handyverträgen wird bereits bei Abschluss eine mehrstufige Preiserhöhung vereinbart. So steigt die Grundgebühr beispielsweise nach 12 oder nach 24 Monaten automatisch an. Die Provider wollen in diesen Fällen Neukunden durch besonders günstige Preise überzeugen – die durch eine spätere Erhöhung wieder relativiert werden. Wenn auf eine solche Preiserhöhung bereits in den Tarifdetails bei Abschluss hingewiesen wird, dann gilt das Recht auf Sonderkündigung nicht. Sie stimmen bei Abschluss des Vertrag zu, dass Sie mit diesen Konditionen einverstanden sind. Ein wichtiger Grund also, das Kleingedruckte aufmerksam zu lesen.
Sonderkündigung nach Entzug der Einzugsermächtigung
Auch wenn Sie Ihre Einzugsermächtigung widerrufen und dennoch Beträge bei Ihnen eingezogen werden, ist dies ein Grund für eine sofortige Kündigung.
Sonderkündigungsrecht: Abo-Falle trotz Drittanbietersperre
Sie haben eine Drittanbietersperre eingerichtet und dennoch werden zusätzliche Beträge bei Ihnen abgebucht? Falls Sie in die Handy-Kostenfalle getappt sind und ein kostenpflichtiges Abo abgeschlossen haben, obwohl Sie eine Abbuchung durch Drittanbieter explizit ausgeschlossen haben, dann ist eine fristlose Kündigung ebenfalls möglich.
Sonderkündigungsrecht: Rufnummerportierung nicht durchgeführt
Eine nicht durchgeführte Rufnummernportierung ist Grund für eine außerordentliche Kündigung.

So urteilte jedenfalls das Amtsgericht Bremen am 30. August 2012 (Aktenzeichen 9C173/12, abrufbar zum Beispiel unter dejure.org). In diesem Fall hatte der Provider den Antrag auf Rufnummernmitnahme nicht bearbeitet, der Kunde hatte seine alte Handynummer also nicht im neuen Tarif nutzen können. Das Amtsgericht Bremen bestätigte die fristlose Kündigung und das Aussetzen der monatlichen Zahlungen ab Eingang des Portierungsauftrags beim Provider.
Beachten Sie jedoch: Ausschlaggebend ist, dass der Fehler beim Provider liegt. Schwieriger ist dagegen das Durchsetzen des Anspruches auf Sonderkündigung, wenn Sie zum Beispiel nicht ausreichend Guthaben auf Ihre Prepaid-Karte laden oder die Portierung aufgrund des Datenabgleichs fehlschlägt.
Beachten Sie dazu auch die Hinweise der Verbraucherzentrale zum reibungslosen Wechsel bei Telefon- und Internetanschlüssen.
Fristlose Kündigung bei veränderter Tarif-Leistung
Sie haben eine Allnet-Flatrate gebucht, doch der Anbieter will plötzlich nur noch ein kleines Paket mit Frei-Minuten zur Verfügung stellen? Ähnlich wie ungeplante Preiserhöhungen ist das ein klarer Verstoß gegen die vertraglich vereinbarten Leistungen und ein Grund, den Handyvertrag außerordentlich zu beenden.
Kündigung: Handy kaputt
Sie haben ein Bundle aus Vertrag mit Handy abgeschlossen und das Smartphone ist zum Beispiel nach kürzester Zeit defekt? Fordern Sie den Anbieter zur Reparatur auf oder fragen Sie nach einem Austauschgerät. Dazu können Sie eine angemessene Frist setzen. Wenn sich die Reparatur verspätet oder wenn der Anbieter Reparatur oder Austausch kategorisch ausschließt, können Sie den Handyvertrag außerordentlich kündigen.
Kündigung bei Anschluss-Sperrung
Ihr Anschluss wurde gesperrt? Die Möglichkeit der Anschluss-Sperre ist im Telekommunikationsgesetz (TKG) geregelt. In §45k heißt es dort:
Wegen Zahlungsverzugs darf der Anbieter eine Sperre durchführen, wenn der Teilnehmer nach Abzug etwaiger Anzahlungen mit Zahlungsverpflichtungen von mindestens 75 Euro in Verzug ist und der Anbieter die Sperre mindestens zwei Wochen zuvor schriftlich angedroht und dabei auf die Möglichkeit des Teilnehmers, Rechtsschutz vor den Gerichten zu suchen, hingewiesen hat.
Eine Sperre erfordert somit eine rechtzeitige Ankündigung sowie einen Zahlungsrückstand von mindestens 75 Euro. Hat der Provider keinen berechtigten Grund für die Sperrung, können Sie den Vertrag fristlos kündigen.
Probleme können sich etwa ergeben, wenn Sie einer fehlerhaften Rechnung widersprochen haben – und den Fehler dem Provider nachweisen können. Besteht dieser auf das Begleichen der ausstehenden und nicht vertragsgemäß erhobenen Zahlungen und sperrt Ihren Anschluss, dann können Sie mit sofortiger Wirkung kündigen.
Wichtig: Informieren Sie den Anbieter, dass die Sperre Ihrer Meinung nach unberechtigt erfolgte. Auch hier gilt: Setzen Sie eine Frist, in der der Anbieter Ihren Anschluss entsperren sollte.
Kündigung: Tod des Vertragskunden
Ein Handyvertrag wird zwischen zwei Parteien geschlossen: Zwischen dem Provider und dem Mobilfunkkunden. Bei Tod des Vertragskunden bzw. Anschlussinhabers können Angehörige den Handyvertrag mit sofortiger Wirkung kündigen.
Kein Recht auf fristlose Kündigung des Mobilfunkvertrags
Nicht immer gilt ein Recht auf Sonderkündigung. In den folgenden Fällen müssen Sie sich an die klassischen Kündigungsfristen halten.
Kündigung wegen besserem Tarif?
Sie haben einen günstigeren Tarif gefunden und wollen das Angebot sofort wahrnehmen? Dieser Fall berechtigt Sie allerdings nicht zu einer Sonderkündigung, Sie müssen sich also an die geltenden Kündigungsfristen halten. Die einzige Möglichkeit wäre, den neuen Tarif zusätzlich abzuschließen. Dann kommen allerdings doppelte Kosten auf Sie zu.
Sonderkündigung bei Störungen und schlechtem Empfang?

Schlechter Empfang und Verbindungsprobleme sind kein Grund für eine Sonderkündigung. Zwar werben die Mobilfunkanbieter immer wieder mit einer guten Netzabdeckung: Aber kein Provider oder Netzbetreiber stellt eine 100-prozentige Netzabdeckung zur Verfügung. Auch im besten Netz gibt es noch Lücken. Störungen, eine schlechte Sprachqualität oder kein Empfang an bestimmten Orten sind deshalb kein Grund für eine fristlose Kündigung.
Ausnahmen bei Störungen
Wenn Sie Ihren Handyvertrag aufgrund von Störungen über einen langen Zeitraum hinweg und an unterschiedlichen Orten nicht nutzen können, kommen Sie gegebenenfalls aus dem Vertrag heraus. Schließen Sie dazu alle Fehlerquellen (zum Beispiel Handy-Defekte oder eine kaputte SIM-Karte) aus und setzen Sie Ihrem Anbieter eine angemessene Frist zur Nachbesserung.
Auch wenn Ihr Provider Ihnen im Vorfeld schriftlich bestätigt hat, dass Sie zum Beispiel Zuhause oder an anderen von Ihnen erfragten Orten Empfang haben, können Sie nach Fristablauf eine Sonderkündigung des Handyvertrags vornehmen.
Sonder-Kündigung: Umzug ins Ausland
Gerade durch die EU-Roaming-Regulierung, dank der Sie Ihren Inlands-Handyvertrag auch im Ausland weiternutzen können, ist eine außerordentliche Kündigung wegen eines dauerhaften Auslandsaufenthalt schwierig geworden.
Das kommt aber auch ganz auf Ihren speziellen Fall an. Zum Beispiel, ob Sie aus beruflichen Gründen umziehen und ob Sie Ihr Weg zum Beispiel in Länder außerhalb der Europäischen Union führt. Sie können in diesen Fällen oft auf Kulanz hoffen.
Linktipps:
- Wikipedia zum Sonderkündigungsrecht